An steigende Strompreise haben sich deutsche Verbraucher inzwischen gewöhnt. Jedes Jahr fordern die Stromlieferanten höhere Preise, geschuldet sind sie meist den steigenden Steuern und Abgaben. Allein die EEG-Umlage ist seit ihrer Einführung im Jahr 2010 von 2,047 Cent/kWh auf 6,354 Cent/kWh gestiegen. Sie hat sich mehr als verdreifacht und nimmt inzwischen einen Anteil von rund 20 Prozent der Stromrechnung ein.
Ein Großteil der erneuerbaren Energien, die mit der EEG-Umlage finanziert werden, können gar nicht genutzt werden. Der Ökostrom wird noch nicht einmal produziert und kostet dennoch Millionen. Das zeigen aktuelle Zahlen aus Schleswig-Holstein.
Schleppender Netzbau belastet Verbrauch
Schleswig-Holstein hat 2015 mehr als 3000 Gigawattstunden aus erneuerbaren Energien nicht produziert. Windkraftanlagen, die diesen Ökostrom hätten produzieren können, mussten abgeschaltet werden. Sie hätten andernfalls die Stromleitungen überlastet. Experten sprechen hierbei von Phantomstrom. Energie also, die aufgrund unterdimensionierter Stromnetze nicht produziert werden konnte und dennoch Kosten verursacht.
Allein im Jahr 2015 kostete der Phantomstrom deutschen Energiekunden 295 Millionen Euro. Das geht aus einem Bericht hervor, der vom Netzbetreiber Tennet, der Schleswig-Holstein Netz AG und dem Energiewendeministerium in Kiel erstellt wurde. Diese Summe musste in Form von Entschädigungszahlungen an Stromproduzenten geleistet werden, die ihre Anlagen nicht nutzen durften.
Kein Ende in Sicht
Schon 2014 mussten über 100 Millionen Euro an Betreiber von Windkraftanlagen gezahlt werden, dessen Anlagen zwangsabgeschaltet wurden. Für die nächsten Jahre erwarten Experten keine Besserung. Schuld daran ist der schleppende Ausbau der Stromnetze in Deutschland. In Norddeutschland werden Unmengen an erneuerbaren Energien produziert, die ihren Weg nicht in den Süden finden.
Erschwerend hinzu kommen Proteste aus deutschen Nachbarländern. Bisher ist ein großer Teil an Ökostrom an Abnehmer in Tschechien und Polen abgewandert – zulasten der einheimischen Stromunternehmer. Beide Staaten wollen spätestens 2017 mit dem Bau von Stromblockern beginnen. Die sogenannten Phasenschieber verhindern dann den Zufluss deutschen Ökostroms in die heimischen Netze.
Bayern stellt sich quer
Eine schnelle und kostengünstige Abhilfe gegen den Phantomstrom ist nur mit dem Bau neuer Stromtrassen nach Süddeutschland zu realisieren. Im Frühjahr wurde eine neue Stromtrasse durch Thüringen in Betrieb genommen. Sie sorgte für ein wenig Entlastung für die Netze in Norddeutschland. Ausreichend ist das jedoch nicht. Erst ein Weiterbau bis zur Grenze Österreichs würde für spürbare Entlastung sorgen und Zwangsabschaltungen nachhaltig verhindern.
Der Protest aus Bayern gegen die Nord-Südtrasse verhindert derzeit einen zügigen Ausbau der Stromnetze. Die von der CDU geführte Landesregierung unterstützt Hunderte Bürgerproteste und Gerichtsprozesse. Hinzu kommt die steigende Zahl an Windkraftanlagen, die 2015 und 2016 in Betrieb gehen. Es ist davon auszugehen, das auch in den kommenden Jahren Millionen Euro für Phantomstrom zu bezahlen sind. Geschultert werden diese Ausgaben wieder von Stromkunden aus ganz Deutschland.
